Sowohl der  Tages-Anzeiger wie die NZZ berichten über die Debatte des Nationalrats zur Totalrevision des CO2-Gesetzes; der Tages-Anzeiger etwas munterer, die NZZ etwas gründlicher. Bei beiden Zeitungen steht ein Kernstück der Revision im Zentrum: Inwieweit soll die CO2-Reduktion um 50 Prozent bis 2030 im Inland erfolgen müssen. Die FDP und SVP sorgten dafür, dass weder der Vorschlag des Bundesrates (mindestens 60 Prozent) noch der Linken (75 Prozent) angenommen wurde; mit 110:82 Stimmen beschloss der Rat, keinen fixen Inlandanteil im Gesetz festzulegen. Damit kann (theoretisch) die ganze Reduktion durch den Kauf von Emissionszertifikaten im Ausland  erfolgen. Es gehe, meint etwa Peter Schilliger (FDP) nur darum, wo jeder einzelne Franken am meisten bewirke. Dass dies eigentlich ein Ablasshandel ist, welcher der reichen Schweiz kaum Kopfweh bereiten wird, schreibt keine der beiden Zeitungen.  Mit diesem Entscheid, so zitiert der Tages-Anzeiger immerhin den CVP-Energiepolitiker Stefan Müller-Altermatt, habe sich die FDP «komplett aus dem Klimaschutz verabschiedet».

Durchsetzen konnten FDP und SVP auch, dass der Erwerb dieser Emissionszertifikate nur sehr ungenügend kontrolliert wird, obwohl bekannt ist, dass damit sehr viel Missbrauch betrieben, etwa indem Projekte für CO2-Reduktionen  verkaufbare Zertifikate erhalten, die sie auch ohne den Zertifikatehandel machen würden. Oder indem Zertifikate doppelt abgerechnet, nämlich im Herkunftsland undin der Schweiz.

Auch in Bezug auf Vorschriften für Gebäudeheizungen, die immerhin ein Viertel der gesamten CO2-Emissionen in der Schweiz ausmachen, hat der Nationalrat laut NZZ den Druck auf die Hausbesitzer deutlich vermindert. Er verlängerte die Frist zur Halbierung der Emissionen um 4 Jahre und lehnte den Vorschlag des Bundesrates ab, dass der Bund schärfere Emissionswerte  erlassen kann, falls das Ziel nicht erreicht werde. Der Nationalrat befand, dass dies die Aufgabe der Kantone sei. Ein eher kurliger Antrag von Bernhard Guhl (BDP) fand dagegen Zustimmung. Demgemäss dürfen ab 2026 Altbauten, deren Heizung ersetzt wird, im Jahr höchstens zwanzig Kilogramm CO2 pro Quadratmeter Fläche verursachen. Der Wert soll alle zehn Jahre um fünf Kilogramm gedrosselt werden. Ob es einen so dummen Hausbesitzer gibt, der sich unter diesen Umständen noch eine Öl- oder Gasheizung anschafft, wenn doch eine bessere, nachhaltigere und im Betrieb billigere Lösung längst vorhanden ist, scheinen sich Guhls Kollegen nicht gefragt zu haben.

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