Joachim Wille, Chefredaktor der hervorragenden deutschen Plattform «Klimareporter» und Wissenschaftsredaktor der Frankfurter Rundschau, kann der Abschlusserklärung von Kattowitz kaum etwas Positives abgewinnen; er findet die Bilanz einfach nur «ernüchternd».

Er spricht aus, was in der Tat völlig unfassbar ist: Nach vollen 24 Jahren, nach 24 Klimagipfeln mit inzwischen regelmässig über 10.000 Teilnehmern, nach Hunderten von Vorbereitungstreffen, Tausenden von Arbeitspapieren, Konsultationen und Absprachen ist nicht einmal eine Trendwende bei den Emissionen in Sicht. Im Gegenteil: Das Jahr 2018 bringt mit rund 53,5 Milliarden Tonnen CO2 und anderer Treibhausgase, die weltweit in die Atmosphäre gepustet werden, einen neuen Rekord.» Und schlimmer noch: Der vielbeschworene «Geist von Paris», für viele Klimaschützer der letzte Strohhalm, an den sie sich klammern, – der «Geist von Paris» leidet, so Wille, an Schwindsucht. Er hat bisher bloss Texte statt Taten hervorgebracht.

Vor allem aber macht Joachim Wille auf etwas aufmerksam, dass alle beteiligten Klimapolitiker und -diplomaten, aber auch die meisten Medien (samt NZZ, Tages-Anzeiger, Süddeutsche Zeitung etc.) geflissentlich unter den Teppich gekehrt haben. Eigentlich, so hatte man in Paris vor drei Jahren vereinbart, hätte für Kattowitz neben dem Regelwerk auch eine ungeschminkte Bilanz der bisherigen Anstrengungen der einzelnen Länder erarbeitet werden sollen. Die Vereinbarung wurde schlicht gekübelt. Wille: «Die selbst ernannte ‹Koalition der Ambitionierten› (zu der notabene auch die Schweiz gehört) kündigte die Pläne nun für 2020 an, darunter die EU inklusive Deutschland und die Inselstaaten, die durch den Anstieg des Meeresspiegels besonders betroffen sind. Die anderen duckten sich völlig weg.»

Das Fazit: Dier ganze UN-Prozess alleine wird, so Joachim Wille,  das vermutlich wichtigste Weltproblem des Jahrhunderts nicht lösen können. (…) Nötig sind ökonomisch durchschlagende Instrumente wie eine (natürlich: sozial gerechte) Bepreisung von CO2. Nötig sind auch Koalitionen von Vorreiterstaaten (…). Und es braucht eine Volksbewegung von unten, die den Politikern weltweit Feuer unter dem Hintern macht – gerade auch eine der jungen Generation. Denn ihr (…) wird gerade die Zukunft gestohlen. (CR)