In der deutschen Wochenzeitschrift Die Zeit macht sich die Soziologin Anita Engels, Sprecherin des sogenannten Exzellenzclusters «Climate, Climate Change and Society (CliCCS) an der Universität Hamburg, lesenswerte Gedanken darüber, warum es so schwierig ist, unter den gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen wirksamen Klimaschutz voranzubringen. «Wir befinden uns ja in einer verfahrenen Ausgangssituation. Seit 2015 gibt es ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen, wir haben umfassende Kenntnisse zu den anthropogenen Ursachen der Erderwärmung, zahllose lokale Klimaschutz-Initiativen versuchen ihr Bestes – und trotzdem steigen die Emissionen weltweit an. Als Soziologin möchte ich wissen: Warum steckt unsere Gesellschaft in allen Lebensbereichen in den fossilen Energien fest,ob es um Mobilität, Landwirtschaft oder Energieversorgung geht?»

In ihrem Artikel reflektiert sie nicht bloss ihre Rolle als Wissenschaftlerin (oder genauer: die Rolle der Wissenschaft) in diesem Lern- und Aufklärungsprozess, zwischen Abstand und Neutralität einerseits und Engagement und Empathie, sondern auch die unterschiedliche Optik, mit der Natur- und Sozialwissenschaftler an ihr Thema herangehen. «Die Klimaphysiker verwenden in der Klimamodellierung zwar sehr komplexe, hochauflösende Modelle, doch so etwas wie die Einhaltung oder Nichteinhaltung des Pariser Klimaschutz-Abkommens geht dort letztlich als ein relativ einfacher Emissionswert ein.Wie das Klima sich dann im Modell weiterentwickelt, hängt letztlich von der Abbildung naturgesetzlicher Zusammenhänge ab. Gesellschaftliche Entwicklungen aber richten sich nicht nach Naturgesetzen.Sie ergeben sich durch ein Zusammenwirken von spezifischen sozialen Ausgangslagen, langfristigen Veränderungen und kurzfristigen Ereignissen.»

Grosse gesellschaftliche Veränderungen habe es zwar in der Geschichte immer schon gegeben, etwa der Einstieg in die Kohlewirtschaft oder die Verstädterung. Diese Prozesse hätten aber nicht auf einem Vorsatz beruht. Insofern gebe es für den jetzt geplanten globalen Klimaschutz «kein historisches Beispiel, von dem sich lernen liesse». (CR)