Die Sache klingt nach Expertenfutter, unverständlichem Juristendeutsch und technischen Spitzfindigkeiten: Die Revision des Stromversorgungsgesetzes (StromVG). Dabei geht es unter anderem um die wichtige Frage, wie und ob private Solaranlagen in Zukunft gefördert oder gar eher bestraft werden.

Am 17. Oktober vorigen Jahres hat der Bundesrat den umstrittenen Entwurf zur Revision des Stromversorgungsgesetzes in die Vernehmlassung geschickt; am 31. Januar lief die Vernehmlassungsfrist ab.

Bei aller Komplexität der Materie – im Tages-Anzeiger weist Stefan Häne auf den wohl eklatantesten Widerspruch im bundesrätlichen Gesetzesentwurf hin: «Eigentlich möchte der Bund erneuerbare Energie ja ausbauen. Ein neues Gesetz bestraft nun aber jene, die privat in Fotovoltaik investiert haben.»

Worum es geht: Gemäss dem Stromversorgungsgesetz von 2009 können nur Grossverbraucher mit eine Jahresverbrauch von über 100’000 Kilowattstunden ihren Stromlieferanten selber auswählen. Die 99,4 Prozent der Strombezügen, die weniger als 100’000 kWh verbrauchen, müssen trotz anderweitigem Versprechern bis heute mit dem lokalen Stromanbieter vorlieb nehmen und diesem den Strom zu den sogenannten Gestehungskosten abkaufen, egal, wie hoch der Strompreis auf dem internationalen Strommarkt gerade ist. Jetzt soll die bereits für das Jahr 2014 versprochene vollständige Liberalisierung umgesetzt werden.

Daraus ergeben sich zwei Probleme: Erstens, was geschieht mit den lokalen Stromanbietern, wenn ihre Kunden abspringen und – möglicherweise «schmutzigeren» – Billigstrom aus dem Ausland beziehen. Und zweitens: Wie werden im neuen Stromversorgungsgesetz jene Hausbesitzer behandelt, die auf ihren Dächern Solaranlagen installiert haben.

Gemäss dem bundesrätlichen Entwurf sollen die Stromtarife sich künftig stärker danach ausrichten, welche Anschlussleistung der Kunde bezieht. Das heisst, dass neben dem tatsächlichen Stromverbrauch vor allem die fixen Kosten für den Stromanschluss, die sogenannten Netzkosten, ins Gewicht fallen sollen. Diese betragen bereits heute 47 Prozent der gesamten Stromkosten, dazu kommen weitere 5 Prozent für Swissgrid, dem staatlichen Betreiber des Hochspannungsnetzes.

Da die Zunahme von privaten Solaranlagen, die einen Teil ihres Stroms ins Netz einspeisen können, einen (offenbar milliardenteuren) Ausbau und Umbau der Stromnetz-Infrastruktur zur Folge hat, soll der Netzzuschlag für alle Strombezügen gleichermassen weiter steigen. Das kann durchaus dazu führen, dass die Ersparnis durch die Eigenproduktion von Strom die Investitionen für die Solaranlagen nicht mehr deckt, die umweltbewussten Hausbesitzer (und ihre Mieter) unter dem Strich mehr bezahlen als die Hausbesitzer ohne eigenen Solarstrom.

«Für den Besitzer eines Einfamilienhauses mit einem jährlichen Stromverbrauch von 5000 Kilowattstunden entstünden je nach Tarifgestaltung über die 25-jährige Lebensdauer der Anlage ungedeckte Kosten von bis zu 11’000 Franken», hat der Wirtschaftsverband Swisscleantech laut Tages-Anzeiger ausgerechnet; das hemme die Hausbesitzer, eine Fotovoltaikanlage zu installieren», so der swisscleantech-Geschäftsführer Christian Meyer. Dabei will die Energiestrategie 2050 doch genau das Gegenteil, nämlich einen intensiven Ausbau der privaten Solaranlagen.

Das Bundesamt für Energie (BfE) bietet da laut Tages-Anzeiger einen ziemlich hilflos wirkenden Ausweg an: «Wenn die Netzbetreiber wollen, können sie von den Eigenverbrauchern auch zukünftig einen Preis verlangen, der sich allein am Verbrauch ausrichtet.» Was aber, wenn sie nicht wollen?

Queres zur Querfinanzierung

Dass der Dachverband der Schweizer Stromwirtschaft (VSE) die ganze Problematik anders sieht und die Solaranlagen-Besitzer auch gern noch vermehrt zur Kasse bitten möchte, versteht sich. Er warnt vor einer «versteckten Quersubventionierung» und meint: «Wenn die Solaranlagenbesitzer für den Anschluss ans Netz nichts mehr bezahlen, bezahlen alle anderen umso mehr.» Das sei nicht verursachergerecht, weil das Netz für alle, also auch die Solaranlagenbesitzer ausgebaut werden müsse. Dass die Solaranlagenbesitzer gar nichts mehr an die Netzkosten bezahlen müssten, ist eine reine Erfindung des VSA. Und fantasievoll ist auch die Behauptung einer versteckten Quersubventionierung zugunsten der Solaranlagenbesitzer. Richtig dürfte wohl eher das Gegenteil sein: Der Entwurf des Stromversorgungsgesetzes schlägt ganz unversteckt und unverblümt eine Querfinanzierung zugunsten jener Haus- und Liegenschaftsbesitzer vor, die kein Interesse haben, auf ihrem Dach eine Solaranlage zu installieren. Das wird das Bundesamt für Energie erklären müssen: Warum diejenigen bestraft werden, die das ökologisch Richtige tun und die man eigentlich fördern will. (CR)