Dass der Februar 2019 laut dem Branchenverband Auto-Schweiz der «beste Elektro-Monat aller Zeiten» war, freut die Schweizer Autoimporteure – paradoxerweise wohl vor allem diejenigen, die schwere, übermotorisierte 4×4- und dicke Geländewagen verkaufen. Denn: Da bei den CO2-Grenzwerten im Personenautoverkehr der sogenannte Flottendurchschnitt zählt, kann ein Autoimporteure für jedes verkaufte E-Mobil ein oder mehrere «normale» Autos verkaufen, die mehr als die derzeit erlaubten 130 Gramm pro Kilometer ausstossen, ohne eine Busse bezahlen zu müssen. Ab 2020 sind es für Neuwagen gar nur noch 95 g/km. Und falls die Schweiz die EU-Richtlinien übernimmt, sinken die Grenzwerte bis 2025 auf 81 g/km, bis 2030 auf 60 g/km. Liegt der Flottendurchschnitt höher als diese Grenzwerte, fallen Strafzahlungen an – allerdings sind auch diese während einer Übergangszeit bis 2022 sehr moderat. So oder so: Die Autoimporteure müssen dringend möglichst viele E-Mobile verkaufen, um im Gegenzug die weit profitableren Luxuskarrossen verkaufen zu können.
Die Hälfte aller Neuwagen sind 4×4-Fahrzeuge oder SUV
Eines aber ist klar: Ohne eine markante Absatzsteigerung bei den E-Autos, die im Betrieb kein CO2 produzieren, bleiben die geforderten Grenzwerte in den nächsten Jahren unerreichbar. Derzeit liegt der Durchschnitt der CO2-Emissionen bei den neu verkauften Pkw (wenigstens buchhalterisch) bei 134 g/km. Und dies trotz allen möglichen Sonderregelungen und Schlupflöchern. In Wirklichkeit dürfte es noch einiges mehr sein, da auch das neue Prüfverfahren WLTP tiefere Messwerte ergibt als im realen Strassenverkehr. Grund für die hohen CO2-Emissionen in der Schweiz ist vor allem die Tatsache, dass fast die Hälfte aller verkauften Neuwagen 4×4-Fahrzeuge oder unsinnig übermotorisierte, schwere Geländewagen sind. In der EU liegt der entsprechende Durchschnitt bei 118 g/km, in Frankreich bei 110 g/km.
Wie der Tages-Anzeiger berichtet, waren 4,2 Prozent der im Rekord-Februar eingelösten 22’000 Personenwagen sogenannte Steckerfahrzeuge, also rein elektrisch betriebene Autos oder Plug-in-Hybride. Auto-Schweiz-Direktor Andreas Burgener erwartet, so der Tages-Anzeiger, dass dieser Wert für das gesamte Jahr 2019 noch etwas höher ausfallen könnte. Rätselhaft bleibt allerdings, wie das von Auto-Schweiz für das Jahr 2020 proklamierte Ziel von 10 Prozent erreicht werden soll.
Die einfachste Lösung: Praktizierte Eigenverantwortung
Auto-Schweiz plädiert vehement für vermehrte und verbesserte Fördermassnahmen für E-Mobile, damit die Autoimporteure im Gegenzug mehr teure CO2-Schleudern verkaufen können. Ein doppelter Gewinn für die Autobranche, der sich nur sehr beschränkt auf die Emissionsziele der Schweiz niederschlägt. Einfacher und sinnvolle wäre es, wenn die Autoverkäufer mehr an die vielbeschworene Eigenverantwortung der Autokäufer appellieren würden oder der Bund in einem ersten Schritt sämtliche Sonderregelungen und Schlupflöcher abschaffen würde. Es gibt, zumindest bis heute, noch kein Menschenrecht auf unsinnig übermotorisierte Fahrzeuge. (CR)