Die Klimastreik-Bewegung bekommt prominente Unterstützung: Möglicherweise weit über tausend Wissenschaftern aus der Schweiz, Deutschland und Österreich stellen sich am Dienstag (12. März) mit einer Stellungnahme hinter die Forderungen der jugendlichen Klimaaktivistinnen und -aktivisten. Zu den Mitinitianten der Kampagne gehört auch der Zürcher Klimawissenschafter Reto Knutti von der ETH Zürich, einer der Leitautoren der IPCC-Sachstandberichte des Weltklimarates und Präsident von ProClim bei der Akademie der Naturwissenschaften, einem Forum, das als Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Verwaltung, Politik, Wirtschaft und der Öffentlichkeit fungiert.
In einem Interview mit der SonntagsZeitung begründete Knutti diesen ungewöhnlichen und in der Geschichte der Schweizer Hochschulen wohl ziemlich einmaligen Schritt. Zwar habe die Politik die Wissenschaft in den letzten Jahren durchaus ernst genommen. So habe sie die wissenschaftliche Erkenntnis, dass der Mensch der Hauptverursacher der Erderwärmung ist, mit dem Klimavertrag von Paris angenommen. «Die Welt und die nationale Politik handeln aber ungenügend, um diesen Vertrag einzuhalten.» So sei wissenschaftlich erwiesen, dass das 1,5-Grad-Limit, eine der zentralen Forderungen des Abkommens, mit den derzeitigen Massnahmen nicht erreicht werden könne.
«Politiker argumentieren oft», so Knutti, «sie wollten eine faktenbasierte Politik machen, aber erkennbar ist das überhaupt nicht. Fakten scheinen ihnen egal zu sein, da wird je nach Interessenlage politisiert.» Da treffen sich die Wissenschafter mit den jungen Klimastreikenden, die auch nicht mehr einfach zuschauen wollen. «Wir diskutieren nun seit mehr als 30 Jahren über den Klimawandel, und es wird immer noch zögerlich gehandelt. Nun haben wir die Gelegenheit, mit dieser phänomenalen Jugendkampagne unseren Standpunkt klarzumachen und Junge zu unterstützen, die kritisch über die Entwicklung der Welt nachdenken.»
Auf die Vorhaltung, dass die Wissenschaft sich gefälligst aus der Politik raushalten soll, reagiert Knutti eher unwirsch: «Was die Jungen heute ansprechen, sagt die Wissenschaft schon lange.» Und: «In diesem Fall wäre es gesellschaftlich unverantwortlich, wenn wir nicht reagieren würden. Unser Wissen ist heute so gross und zuverlässig, dass es nur eine zwingende Folgerung gibt: Bis 2050 darf sich in der Atmosphäre kein zusätzliches CO2 mehr anreichern.»
Die Stellungnahme der Wissenschafter wird aber auch eigene Forderungen stellen; so verlangt sie zum Beispiel, dass klimaschädliches Handeln teuer gemacht wird, etwa durch eine wirksame CO2-Besteuerung fossiler Energie und durch die Einstellung von Subventionen. (CR)