Nach einem heftigen Schlagabtausch zwischen den bürgerlichen und den links-grünen Parteien hat der Zürcher Kantonsrat zwei Postulate der SP und der Grünliberalen zum Klimanotstand mit 80 Stimmen für dringlich erklärt. Das heisst allerdings nicht, wie der Tages-Anzeiger in seinem Bericht fälschlicherweise schreibt, dass der Kantonsrat den Klimanotstand für dringlich erklärt hat. Sondern lediglich, dass der Regierungsrat die Sache nicht auf die lange Bank schieben kann, sondern nur fünf Wochen Zeit hat, um auf die beiden Postulate zu antworten.
Ob der Kantonsrat dann die beiden Postulate annimmt oder ablehnt, ist damit allerdings noch nicht entschieden. Denn um ein Postulat zu «überweisen», braucht es nicht bloss ein Quorum von mindestens 60 Stimmen wie für ein Postulat, sondern die Stimmenmehrheit der 180 Mitglieder des Kantonsrates. Sollten die Kantonsräte die beiden Postulate in fünf Wochen überweisen, was nach derzeitigem Ermessen eher unwahrscheinlich ist, muss der Regierungsrat ein Gesetz, eine Verordnung oder einen Erlass ausarbeiten, der den Klimanotstand in konkrete Massnahmen übersetzt.
Das Postulat der 22-jährigen SP-Kantonsrätin Hannah Pfalzgraf verlangt, dass der Regierungsrat eine Strategie ausarbeitet, welche die Reduktion der CO2-Emissionen auf Netto-Null bis 2030 anstrebt (wie die Klimastreikbewegung fordert) und bis spätestens 2050 erreicht (wie es die Gletscherinitiative verlangt). Das Postulat der Grünliberalen um Sonja Gehrig und Regierungsratskandidat Jörg Mäder fordert ebenfalls die Ausrufung des Klimanotstandes.
Liest man die Zusammenfassung der Ratsdebatte im Tages-Anzeiger, fällt einem fast zwangsläufig das Zitat des grossen deutschen Polemikers Karl Kraus ein, «in der grossen Politik gehe es genau so zu, wie es sich der kleine Moritz vorstellt.» Nicht um den Inhalt der Postulate und deren Dringlickeit ging es den FDP-, CVP- und SVP-Votanten, sondern um die Beschimpfung der links-grünen Parteien. Um «Spiegelfechterei», «Blendwerk» und «Manipulation von Kindersoldaten». Fast könnte man meinen, die SVP und FDP habe nichts anderes im Sinn, als den Grünliberalen, den Grünen und die SP Wählerinnen und Wähler zuzutreiben. (CR)