Der Erfolg der Klimastreikbewegung muss die Verharmloser des Klimawandels gehörig erschreckt haben. Sie machen, jetzt auch in der NZZ am Sonntag, mobil. Und was sich die NZZ als seriöses Weltblatt noch nicht so richtig getraut zu schreiben, das erledigen für sie gern gesehene Gastautoren, – im Themenbereich Klima etwa der emeritierte Basler Ökonomieprofessor Silvio Borner oder der pensionierte Ökonom Hans Rentsch. Beide gehören dem neoliberalen Thinktank  Carnot-Cournot an, einem Schweizer Ableger der Klimaleugner- und Klimaskeptiker-Internationalen.

In der NZZ am Sonntag profiliert sich Hans Rentsch wieder einmal als besserwisserischer Wadenbeisser. Nach einem kleinen Schlenzer gegen die «ausgebildete Pianistin» Simonetta Sommaruga, die er so als dilettantische Bundesrätin zu diffamieren versucht, wendet er sich ganz der «Lieben Klimajugend!» zu. Obwohl anzunehmen ist, dass die «liebe Klimajugend» in der Mehrzahl kaum die NZZ liest und sich erst recht nicht von einem hämischen Oberlehrer beeindrucken lässt.

Sein zentraler Vorwurf an die liebe Klimajugend: «Klar, fordern kann man alles, das ist gratis, wissen und denken aber nicht, und da hapert es bei unserer Klimajugend offensichtlich noch gewaltig.» Schon fast kabarettreif dann seine erster Luftnummer: Die «Pose höherer Moral», die er bei den Jugendlichen festzustellen glaubt, sei – unmoralisch, meint er von einer offenbar noch höheren moralischen Warte aus. Das von ihm angeführte Exempel ist dagegen weder moralisch noch unmoralisch, sondern schlicht falsch: Im Gegensatz zu seiner Behauptung, die Klimabewegung verlange bei der Umsetzung ihrer Forderungen einen «Verzicht» auf ‹Kompensationstechnologien›, fordert die Bewegung – durchaus vernünftig -, dass diese Technologien, von denen man bisher noch gar nicht weiss, ob und wann sie je einsatzfähig sein werden, nicht eingeplant werden. Die Unwahrheit versteckt sich auch bei den Klimaleugnern oft im scheinbar nebensächlichen Detail.

Ein Eigentor nach dem andern

Seine übrigen Vorwürfe und Belehrungen sind durchweg von ähnlicher Qualität. Natürlich erinnern ihn die Argumente der Klimabewegung an die DDR. Natürlich propagieren Radio und Fernsehen «weitgehend die offizielle Politik», die in Rentschs Gedankenwelt offenbar schon ganz von der Klimabewegung dominiert wird. Dass die Klimabewegung überhaupt erst entstanden ist, weil die «offizielle Politik» nach Ansicht der Jugendlichen viel zu wenig macht, ist Rentsch egal, ein weiteres belangloses Detail im Rundumschlag gegen alles, was ihm halt grad so einfällt.

Danach folgen all die Occasionen aus der Grümpelkammer der Klimaleugner und -skeptiker, so die dumpfen Argumente des «Wir nicht, die Andern aber umso mehr», das dem in der Präambel des Klimaabkommens formulierten, solidarischen Prinzip der «gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und der jeweiligen Fähigkeiten der einzelnen Länder» diametral entgegensteht. 

Oder die selbst für marktgläubige Ökonomen seltsame Vorstellung, die Emissionen liessen sich weitgehend und viel billiger im Ausland kompensieren, die ausblendet, dass die ausländischen Emissionszertifikate sehr rapide teurer werden, wenn die «billigen» Kompensationsprojekte rar werden, und dass die Schweiz dann in einer sehr viel kürzeren Zeitspanne von wenigen Jahren zusätzlich auch noch die aufgeschobenen Emissionsreduktionen im Inland finanzieren muss.

Oder die falsche Behauptung, dass «der kostspielige Ausbau von Wind- und Solarenergie kein CO2 einspart und Kernenergie nicht ersetzen kann», die von kompetenteren Klimaökonomen, die im Gegensatz zu Rentsch und Borner auch vom Klima etwas verstehen, längst widerlegt ist..

Und schliesslich den mit falschem Zungenschlag vorgetragenen Appell an die liebe Klimajugend, doch bitte zu begreifen, dass «in der grossen weiten Welt die meisten Menschen andere Sorgen haben als wir in unserer Luxusgesellschaft». Als ob die Sorgen der vielen Millionen Menschen in den grossen afrikanischen und asiatischen Armuts- und Hungerregionen die Propagandisten des Neoliberalismus jemals wirklich interessiert hätten. (CR)

Eine unmissverständliche Antwort bekam Hans Rentsch in der NZZ am Sonntag vom 24. März von vier Gymnasiastinnen und Gymnasiasten der Kantonsschulen Freudenberg und Enge, Linda Steiner, Zoë Talary, Lino Gioi und Tim Aebersold.