Am G20-Gipfel im japanische Osaka führte Donald Trump die Regierungschefs der wichtigsten und mächtigsten Industrienationen wie Nasenbären am Ring durch die Arena und liess sich am Schluss von ihnen noch als Klimaschützer auszeichnen. Das ganze Theater nennt sich Gipfeldiplomatie.
«Durchbruch», meldet die Deutsche Depeschenagentur (dpa) vom G20-Gipfel im japanischen Osaka, und ergänzt: «G20-Staaten einigen sich auf Klima-Kompromiss».
Worin aber besteht denn eigentlich der Durchbruch? Der Klima-Kompriomiss? Die ungeschönten Fakten: Bis kurz vor dem Ende des Gipfeltreffens am Samstag weigerte sich der amerikanische Präsident, der die Erderwärmung für eine Erfindung der Chinesen hält, um die amerikanische Wirtschaft zu schädigen, – bis kurz vor dem Ende des Gipfels weigerte sich also Donald Trump, dass der Klimawandel in der gemeinsamen Abschlusserklärung überhaupt erwähnt werden soll. Im letzten Moment spielte er dann den nachsichtigen Onkel und erlaubte seinen 19 Nasenbären, eine eigene Meinung zu haben und diese im Paragraf 35 der Abschlusserklärung sogar kundzutun.
The same procedure as every year»
Neues findet sich darin nicht, die G20-Staaten ausser den USA bestätigen bloss, was sie schon am letzten Gipfel im Herbst vorigen Jahres in Argentinien beschlossen haben: Sie bekennen sich zur «uneingeschränkten Umsetzung» des Pariser Klimaabkommens und proklamieren, dass der Vertrag «unumkehrbar» sei. Was an diesem mageren Ergebnis Durchbruch sein könnte, bleibt ein Rätsel. Und unklar bleibt auch, wie uneingeschränkt denn eigentlich die «uneingeschränkte Umsetzung des Pariser Klimaabkommens» sein wird; das wird sich spätestens im Herbst zeigen, wenn am UN-Sondergipfel in New York die Staaten ihre Reduktionsziele auf den Tisch legen müssen.
Die USA als World Champion des Klimaschutzes
Interessanter als dieses sozusagen «normale» Diplomaten-Geschwurbel ist der Paragraf 36 der Abschlusserklärung. Dort erklären die USA ihre abweichende Position; sie wiederholen ihre Absicht, sich aus dem Klimaabkommen von Paris zurückzuziehen, weil dieses die amerikanischen Arbeiter und Steuerzahler benachteilige. Die amerikanische Klimapolitik verfolge eben einen ausgewogeneren Weg zwischen «Energie und Umwelt», also zwischen Wirtschaftsinteressen und Ökologie. Dieser Weg umfasse alle möglichen Energieformen und Technologien, also «sauberen» Brenn- und Treibstoff, erneuerbare Energie und Atomkraft. Dann folgt ein Satz, für den alle Satiriker und Polit-Kabarettisten Donald Trump auf ewig dankbar sein werden: «The United States is a world leader in reducing emissions.»
Für Nicht-Kabarettisten aber ist dieser Satz, den Trumps 19 Nasenbären akzeptierten und in die Abschlusserklärung aufnahmen, ein gefährliches Signal. Es gehört zwar zu den vermeintlichen Zwängen von Gipfeltreffen, dass am Ende immer eine «gemeinsame Abschlusserklärung» herauskommen muss; sie gilt als Beweis, dass die Konferenz überhaupt stattgefunden hat, nicht umsonst war und nicht gescheitert ist. Für eine gemeinsame Abschlusserklärung verbiegen sich Politikerinnen und Politiker oft bis zu ihrer eigenen Unkenntlichkeit und Selbstverleugnung.
Trump ist ein notorischer Klimaleugner
Aber dass die neben Trump 19 mächtigsten Politiker der Welt es zulassen, das sich Trump als ein von den G20-Staaten geadelter World Champion des Klimaschutzes aufspielen kann (und wird), ist eigentlich ein Skandal. Denn immerhin
- ist Trump einer der radikalsten und einfältigsten Klimaleugner
- wird er sich aus dem wichtigsten internationalen Klimaabkommen verabschieden
- verspricht er seinen Wählern im sogenannten Rust Belt , dass er die amerikanische Kohlenindustrie wieder gross machen will,
- lockerte er die strengen Vorschriften für Ölplattformen, die für einige der grössten Umweltkatastrophen der Welt verantwortlich sind
- fördert er das Fracking, eine teure und extrem umweltschädliche Methode, Erdöl und Erdgas zu gewinnen
- hat er seine eigene Umweltbehörde EPA so desavouiert, mundtot gemacht und umfunktioniert, dass sie heute fast nur noch dazu dient, die Industrie vor lästigen Umweltmassnahmen zu schützen. So hat er mit Scott Pruitt und Andrew Wheeler zuerst einen aktiven Klimaleugner, dann einen ehemaligen Kohllobbyisten zum EPA>-Direktor gemacht.
Man könnte über solche Diplomatenspiele hinwegsehen, aber die G20-Gruppe ist eben nicht irgendwer: die 20 Staaten emittieren rund 80 Prozent der Treibhausgase der Welt. In dieser überschaubar kleinen Gruppe müsste man, schrieb vor kurzem die Frankfurter Rundschau, «viel schneller eine Einigung über die notwendigen Massnahmen erreichen als an den UN-Klimaverhandlngen», an denen über 190 Staaten mitreden. Dass die G20-Gruppe die Vereinigten Staaten von Donald Trump zur Führungsnation im Kampf gegen die Klimakatastrophe ernennen – und so steht es nun mal in der Abschlusserklärung, wie immer die Diplomaten dies später relativierten -, wird Trump nicht bloss innenpolitisch im kommenden Wahlkampf ausschlachten, sondern auch dazu benutzen, Wackelstaaten wie Brasilien, Indien, Saudiarabien, Australien oder Neuseeland hinter sich zu bringen, um die «uneingeschränkte Umsetzung» des Pariser Klimaabkommen zu hintertreiben. (CR)