Die Weltwoche überrascht uns immer wieder mit der Erfindung neuer abstruser «Wahrheiten» und «Fakten». In ihrer neuen Nummer singt sie ein Loblied auf die Klimaerhitzung und auf das gute CO2.

«Die Welt vergrünt», heisst es auf dem Titelblatt und: «Dem Klimawandel und dem CO2 sei Dank.» Wirklich Neues erfährt man auf den paar Seiten zwar nicht, dafür lernt man mit Benny Peiser einen Autor kennen, den die Weltwoche als Direktor der Global Warming Policy Foundation (GWPF) vorstellt, «einer in London ansässigen überparteilichen Denkfabrik für Klima- und Energiepolitik». Wann Peiser seine Leidenschaft fürs Klima entdeckt hat, ist unbekannt; bekannt ist hingegen, dass er an der Frankfurter Universität Politikwissenschaft, Anglistik und Sportwissenschaft studiert hat, dort 1993 mit einer Untersuchung der historischen, archäologischen und naturgeschichtlichen Probleme der griechischen Achsenzeit am Beispiel der antiken Olympischen Spiele promoviert hat und an der John Moores University in Liverpool Sport- und Trainingswissenschaften unterrichtet hat.

Die Weltwoche-Autoren sind einschlägig bekannte Klimaleugner

Peiser ist ein einschlägig bekannter Klimaleugner. 2009 gründete er zusammen mit dem inzwischen 87jährigen Finanzjournalisten und ehemaligen Schatzkanzler Baron Nigel Lawson, dessen hervorragendste Publikation ein Diätbuch ist, die Stiftung Global Warming Policy Foundation, in dessen Aufsichtrat mehrere konservative Lords und Baronessen sitzen und in dessen wissenschaftlichem Beirat neben anderen prominenten Klimaleugnern zufällig auch Köppels Lieblings-Kronzeuge in Sachen Klima, Richard Lindzen, sitzt .

Nachdem die Charity Commission, eine britische Regierungsstelle zur Beaufsichtigung gemeinnütziger Organisationen, der Stiftung 2014 wegen Einseitigkeit und mangelnder Objektivität die Gemeinnützigkeit aberkannte, gründete die reaktionär-konservativen Denkfabrik die Kampfplattform Global Warming Policy Forum, um noch ungenierter gegen den Klimaschutz agitieren zu können.

Zum Beirat der Stiftung gehört übrigens auch der zweite Autor der Weltwoche-Titelstory, Viscount Matt Ridley, ein Zoologe, gescheiterter Banker und Autor populärwissenschaftlicher Bücher, der die etwas absonderliche These vertritt, die globale Klimaerwärmung habe eigentlich mehrheitlich positive Folgen, an den Schäden sei vor allem die Klimapolitik schuld..

Ach ja, und was erzählen die beiden Autoren ihren Weltwoche Leserinnen und -Lesern? Peiser führt als Beweis, dass es gar keine von den Menschen verursachte Klimaerwärmung gebe, wieder einmal an, dass in den vergangenen drei Jahren die globale Durchschnittstemperatur gegenüber dem Spitzenjahr 2016 leicht gesunken ist, obwohl die CO2-Emissionen gestiegen seien. Dass es immer wieder wärmere und kältere Jahre gibt, manchmal sogar drei, vier, fünf Jahre hintereinander, dürfte Peiser aus irgendeinem Grund ebenso entgangen sein wie das Klima-Basiswissen, dass die langfristigen Trends entscheidend sind und diese absolut eindeutig sind.

Suche den Unterschied zur Behauptung von Benny Peiser … (Quelle: Bildungsserver.de)

Schon fast kabarettreif ist die Argumentation Peisers, die Klimawissenschafter hätten die Verschärfung des Klimaziels von 2 Grad auf 1,5 Grad nur deshalb erfunden, damit sie angesichts der drei letzten Jahre rückläufiger Erwärmung weiterhin ihre Klimahysterie pflegen könnten. Dazu hätten allerdings Hunderte von Forschungsteams an den renommiertesten Universitäten der Welt gleichzeitig alle ihre Untersuchungen mit Millionen von Datensätzen fälschen müssen, denn darauf beruhen die Aussagen des Weltklimarates IPCC im Sonderreport 1,5 °C globale Erwärmung. Das wäre mit Sicherheit der grösste wissenschaftliche Betrugsfall der Weltgeschichte.

Pure Demagogie

Ähnlich unseriöse Thesen vertritt Peiser auch auch in Bezug auf Armut und Hunger, auf die «Vergrünung» der Welt, den Anstieg des Meeresspiegels, die sinkende Sterblichkeit etc. Seine Methode ist immer dieselbe: Er nimmt eine durchaus richtige Aussage, etwa, dass sich die Anzahl der Hungernden seit den 1990er Jahren deutlich verringert habe. Dann klammert er alle Faktoren aus, die den Trend erklären, wie die verbesserten Produktionsmethoden, die riesigen Hilfsprogramme des UN World Food Program, die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung zahlreicher Entwicklungs- und Schwellenländern, Landreformen, Bildungsprogramme und anderes und behauptet dann völlig unbelegt, dass die Halbierung des Hungers auf die segensreiche Klimaerwärmung zurückzuführen sei. Das ist, mit Verlaub, pure Demagogie.

Fast ebenso skurril sind die Thesen von Matt Ridley. Eine davon, die er auch in der Weltwoche wieder vorträgt, lautet, dass nicht die CO2-Emissionen zur Erderwärmung führen, sondern umgekehrt die Erderwärmung die höheren CO2-Werte verursache. Nur logisch, dass er dabei in einen argumentativen Notstand gerät wie ein Autofahrer, der behauptet, nicht der Zusammenstoss sei am Blechschaden des anderen Autos schuld, sondern umgekehrt der Blechschaden am Umfall. (In der Tat gibt es einige Rückkoppelungseffekte, aber: Dass die anthropogenen CO2-Emissionen zur Hauptsache für die Klimaerwärmung verantwortlich sind, lässt sich einfach nicht mehr wegleugnen. Auch Ridley ist ein Meister der Vereinfachung hochkomplexer Probleme auf einige wenige Zeilen und Schlagworte, die sich bestens zur Agitation à la Weltwoche eignen, aber weder die wesentlichen Fakten und Zusammenhänge darstellen noch erklären.

Dass Kohlendioxid, der Kohlenstoffzyklus für das Leben auf der Erde unabdingbar wichtig sind, aber zugleich als Treibhausgas für die lebensbedrohliche Erdewärmung verantwortlich ist, lässt sich nicht auseinanderdividieren. Wer wie Peiser und Ridley, Lindzen und Köppel diese Zusammenhänge unterschlägt und trotz besseren Wissens (oder in schierer Einfalt) ein ungebrochenes Loblied auf die zunehmenden CO2-Emissionen anstimmt, handelt verantwortungslos. (CR)