Jetzt wissen wir, was wir eh schon wussten: Der derzeitige Klimawandel ist kein natürlicher Vorgang, sondern wird von den Menschen verursacht. Und – schon nicht ganz so unumstritten bisher: Eine so rasche und umfassende Klimaerhitzung hat es zumindest in den vergangenen 2000 Jahren noch nie gegeben.
NZZ und Tages-Anzeiger fassen drei grosse Klimastudien zusammen, die am renommierten Oeschger-Zentrum für Klimaforschung an der Universität Berndurchgeführt wurden und eben in den Fachzeitschriften «Nature» und «Nature Geoscience» veröffentlicht worden sind.
Die Hauptergebnisse: Die Lufthülle der Erde, so die NZZ, hat sich im letzten Jahrhundert so stark erwärmt, wie nie in den vergangenen 2000 Jahren. Und: Während frühere Erwärmungsphasen immer nur einen Teil der Erde betrafen, ist der derzeitige Temperaturanstieg räumlich fast total homogen; er betrifft mehr als 98 Prozent der Erdoberfläche. «Wir kennen die Entwicklung der letzten hundert Jahre schon lange, aber dass die Geschwindigkeit der globalen Erwärmung so deutlich über den Werten der vorindustriellen Zeit liegt, ist unerwartet», zitiert der Tages-Anzeiger Raphael Neukom, den Hauptautor der einen Studie.
Die beiden Analysen zeichnen sich vor allem durch die Gründlichkeit der statistischen Überprüfung aus, zitiert die NZZ Eduardo Zorita vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht bei Hamburg, der nicht an den Studien mitgewirkt hat. Für die Rekonstruktion der Temperatur verwendete das Forscherkonsortium sieben, für die Analyse der räumlichen Ausdehnungen sechs voneinander unabhängige statistischen Methoden.
Die Sonne spielt keine grosse Rolle
Interessant sind vor allem zwei weitere Ergebnisse der Studien: Die Sonne spielt in diesen Zeiträumen entgegen den Vermutungen und Behauptungen vieler Klimaleugner keine wesentliche Rolle. Dagegen hatten Vulkanausbrüche einen großen Einfluss auf die Kältephasen vor der Industrialisierung, etwa während der sogenannten Kleinen Eiszeit, insbesondere für deren Endphase in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Das hat eine dritte Studie einer Gruppe um den Klimaforscher Stefan Brönnimann, ebenfalls vom Oeschger-Zentrum, ergeben, die ebenfalls im Magazin «Nature Geoscience» veröffentlicht wurde. Demnach, so die NZZ, kam es nicht nur 1815 zu dem berühmten grossen Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien. Vier weitere tropische Vulkane rumorten in den Jahren 1808, 1822, 1831 und 1835 – mit spürbaren Folgen für das Klima.» Und: «Die Partikel (…) kühlten durch den Schatten, den sie warfen, die Luft darunter ab. In der Folge, so Brönnimann, wurde ein «Gangwechsel» im Klimasystem ausgelöst: Starke Dürren in Afrika zählen zu den deutlichsten Reaktionen. In Europa riefen kühle Sommer und nach Süden verlagerte Winterstürme den letzten extremen Vorstoss der Alpengletscher hervor.»
Es gibt keine Ausreden mehr
Die Ergebnisse dieser Studien sind nicht bloss für die Klimawissenschaft relevant, sondern auch für die politische Diskussion: Sie rütteln zwar nicht fundamental, aber doch ein wenig an der Definition, was genau denn das «vorindustrielle Temperaturniveau» sei, an dem sich die Klimaziele 1,5 oder 2 Grad Celsius Erwärmung orientieren. Denn: Waren die damaligen Durchschnittstemperaturen genau in diesen paar Jahren durch die Vulkanausbrüche aussergewöhnlich tief, können sie schlecht als «Messbasis» durchgehen..
Das ändert freilich nichts daran, dass die globale Erwärmung seither sehr deutlich und sehr schnell angestiegen ist und weiter ansteigt. Und dass die Treibhausgase sehr energisch und schnell gesenkt werden müssen, wenn die Menschheit von unerträglich grossen Katastrophen bewahrt werden soll. (CR)