Wie erwartet hat der Zürcher Kantonsrat am vergangen Montag (19. April) das revidierte kantonale Energiegesetz mit 141 zu 46 Stimmen definitiv gutgeheissen. Gegen das Gesetz stimmten zuletzt nur die SVP und die noch etwas reaktionärere Eidgenössische-Demokratische Union EDU.

Da die entscheidenden Debatten bereits Wochen zuvor stattgefunden haben und es sich «bloss» noch um die Formalie einer Schlussabstimmung handelte, beliess es der Tages-Anzeiger denn auch mit einer 22zeiligen Meldung und widmete die ganze lokale Aufschlagseite am Dienstag dem welthistorischen Ereignis der Böög-Verbrennung in der Schöllenenschlucht.

Nicht ganz zu Recht, denn immerhin: Was sich in den vergangenen Monaten im Zürcher Kantonsrat ereignete, ist beträchtlich und sollte schweizweit Schule machen. Nicht so sehr der Inhalt des Gesetzes, das sich vor allem auf den «staatlich orchestrierten Ersatz von 120’000 Ölheizungen» beschränkt, wie der Tages-Anzeiger süffisant anmerkte – viel anderes liegt auch gar nicht in der Kompetenz des Kantons -, bemerkenswert war vor allem, wie dieser «Deal» zustande kam. Selbst die NZZ, die sonst hinter jeder Klimaallianz Totengräber der Demokratie oder noch Schlimmeres wittert, musste sich diesmal ein gequältes Lob abringen.

Flexible Verhandlungen

Denn: Hatten die Klimaalliierten in der Kommission noch die Muskeln spielen lassen, den Entwurf des grünen Baudirektors Martin Neukom heiliggesprochen und der SVP/FDP kaum Konzessionen gemacht, erwiesen sie sich im Endspurt als gewiefte Verhandler. Natürlich blieb ihnen auch nicht viel anderes übrig, da die FDP/SVP-Koalition zusammen mit der Wackelpartei EVP eine klare Mehrheit im Kantonsrat hat. Aber anstatt gleich in die Knie zu gehen wie ihre nationalen Kolleginnen und Kollegen, handelte der Grüne Thomas Forrer mit der freisinnigen Fraktionschefin Beatrix Frey, wie die NZZ ausdrücklich erwähnt, eine Lösung aus, welche die Kernpunkt von Neukoms Entwurf nicht infrage stellte, aber den Bürgerlichen ermöglichte, das Gesicht zu wahren; dabei mussten beide da und dort übers Stöcklein springen.

Kompromiss im Klartext

Im Gegensatz zum CO2-Gesetz werden – sonst im Politbetrieb ganz und gar unüblich – Differenzen nicht mit Formelkompromissen , symbolischen, aber wirkungslosen Trippelschrittchen und hohlen Werbesprüchen («Das Beste, was derzeit zu haben ist «) eingeebnet und vertuscht, sondern offengelegt. So konnte denn Beatrix Frey laut NZZ auch unverblümt sagen, das Gesetz sei «zwar weder innovativ noch klar verständlich (!) oder einfach umsetzbar», ihre Fraktion hätte eine liberalere Lösung bevorzugt, insgesamt aber sei der gewählte Ansatz zumutbar, wirtschaftsfreundlich und sozialverträglich.

Und auch die Zürcher Klimabewegung, die selbstverständlich ein schnelleres Tempo vorgezogen hätte, kann mit dem Kompromiss offenbar gut leben: Im Vergleich zum CO2-Gesetz sei das Zürcher Energiegesetz, so die Aktivistin Annika Latzke, immerhin ein wirklicher «Schritt in die richtige Richtung».

Worin liegt denn der Unterschied zum CO2-Gesetz? Das Zürcher Energiegesetz muss nicht mehr an allen Ecken und Enden neu verhandelt, korrigiert, verbessert und verschärft werden, was zu neuen erbitterten Diskussionen mit völlig unsicherem Ausgang führt. Alles ausser dem zeitlichen Rahmen und einigen möglichen Ausnahmeregelungen ist fixiert und steht nicht mehr zur Debatte. (CR)