Was wissen wir eigentlich über den New Yorker Klimagipfel vom 23. September, ausser dass Greta Thunberg dort eine kurze, eindringliche Rede hielt, welche eine weltweite Debatte auslöste, ob die 16jährige Schwedin nun eine neue Jeanne d’Arc, ein weiblicher Martin Luther King, eine Prophetin sei oder nur ein armes Opfer skrupelloser Erwachsener, welche die Klimajugend ins Verderben locken wollen.

Was also hat der UN-Klimagipfel sonst noch gebracht? Joachim Wille, der Chefredaktor der deutschen «Klimareporter», schrieb in der Frankfurter Rundschau: «Der ‹Klima-Turbo› zündet nicht.» Zwar habe UN-Generalsekretär António Guterres, der zur Gipfelkonferenz eingeladen hatte, die Latte sehr hoch gelegt; am Klima-Sondergipfel sollten die Staats- und Regierungschefs keine schönen Reden halten, sondern konkrete Pläne abliefern, «um schnell zu ambitionierten CO2-Reduktionszielen zu kommen. Dies sei kein Klima-Verhandlungsgipfel: «Man verhandelt nicht mit der Natur. Dies ist ein Klima-Aktionsgipfel.“ Allerdings, so Wille, sprachen die grössten Akteure wie die USA bei dem Treffen entweder gar nicht oder blieben wie China hinter den Erwartungen zurück. 

Versprechungen, Absichten, Ankündigungen und andere schöne Worte

Wie die Vereinten Nationen selber mitteilen, sind dies die wichtigsten Resultate der Konferenz – eine gute Zusammenfassung findet man auch hier:

  • Russland hat das Paris-Abkommen ratifiziert. Ob dazu eine blosse «Regierungsverfügung» ausreicht, wie sie Regierungschef Medwedew unterschrieben haben soll, oder ob es wie in allen anderen Ländern dazu einen Parlamentsbeschluss braucht, ist allerdings unklar.
  • 15 Länder, angeführt von den Marshallinseln, haben sich verpflichtet, bis Anfang 2020 neue Klimaziele vorzulegen und bis Jahresende einen Plan für Klimaneutralität im Jahr 2050 zu erarbeiten. 
  • Eine neue «Climate Ambition Alliance» aus rund 60 Ländern, darunter Frankreich, Großbritannien, Argentinien, Costa Rica, Finnland, Neuseeland und Schweden, versprachen, ambitionierte Pläne fristgerecht bis Ende 2020 vorzulegen. Das sieht allerdings der Pariser Klimavertrag ohnehin als Deadline vor.
  • Weitere elf Länder wollen immerhin – vier Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen(!) – mit der Arbeit an «nachgeschärften Zielen» beginnen, darunter Indien und China. Allerdings: Chinas Vertreter Wang Yi betonte nur, sein Land werde an den im Paris-Abkommen verankerten Zielen festhalten. Die Hoffnung, das Land mit den größten Emissionen weltweit werde den Ausstoß schon von 2030 an – und damit schneller als geplant – absenken, erfüllte sich nicht. Auch Indiens Premierminister Narendra Modi hielt sich eher bedeckt: Indien werde zwar die Solarenergie von den bisher geplanten 227 auf 450 Gigawatt zu erhöhen. Zur Kohlepolitik – Kohle wird liefert derzeit 75 Prozent des Stroms auf dem Subkontinent – hatte Modi nichts Konkretes zu sagen.
  • Nachdem Deutschland sich kurz vor dem Gipfel zur Klimaneutralität ab 2050 bekannt hat, traten fünf weitere Länder der «Carbon Neutrality Coalition» bei: Österreich, Chile, Italien, Japan, Ost-Timor. Das «Versprechend» hatte Angela Merkel bereits am diesjährigen Petersberger Klimadialog abgegeben, was Michael Schäfer, Klimaexperte von WWF Deutschland, zum Kommentar animierte, es sei bereits das zehnte Jahr in Folge, dass Merkel von der Bedeutung des Klimaschutzes gesprochen habe, genauso lange sei Deutschlands CO2-Ausstoß kaum gesunken: «Und wieder nannte Merkel keine konkreten Massnahmen, wie Deutschland seine Klimaziele erreichen kann.»
  • Im weiteren erklärte Deutschland seinen offiziellen Beitritt zur globalen Kohleausstiegsallianz. Griechenland will bis 2028 aus der Kohle auszusteigen und nächstes Jahr dazu einen Plan vorlegen.
  • Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erklärte seine Unterstützung für die Anhebung der EU-Klimaziele für 2030 von derzeit minus 40 Prozent auf minus 55 Prozent
  • Portugal verpflichtete sich, seine Emissionen bis 2030 gegenüber 2005 zu halbieren, um bis 2050 klimaneutral zu werden.
  • Die Niederlande bekräftigten ihr Versprechen von 2018, ihre Emissionen bis 2030 um 49 Prozent gegenüber 1990 zu senken sowie um 95 Prozent bis 2050.
  • Außerdem kündigte die deutsche Kanzlerin an, die deutschen Beiträge zur internationalen Klima-Finanzierung auf vier Milliarden Euro pro Jahr zu erhöhen.
  • Auch Katar gibt 100 Millionen US-Dollar, um die am wenigsten entwickelten Länder sowie die kleinen Inselstaaten bei Klimaschutz und Klimaanpassung zu unterstützen. Auch Island, Schweden, Dänemark, die Schweiz, Norwegen, Südkorea und weitere Länder leisten Zahlungen an den Green Climate Fund, der nun mit 7,4 Milliarden Dollar gefüllt ist. Ziel sind allerdings zehn Milliarden.
  • Der «Clean Air Fund» hat 50 Millionen US-Dollar an neuen Finanzzusagen erhalten, um die Luftverschmutzung durch fossile Energien zu bekämpfen. 
  • Auch private Unternehmen haben einiges versprochen: 87 Unternehmen mit einem gemeinsamen Wert von über 2,3 Billionen Dollar und einem CO2-Emissionsvolumen, das 73 Kohlekraftwerken entspricht, legten Reduktionsziele vor, die mit dem 1,5-Grad-Ziel übereinstimmen. Eine Gruppe von Pensionsfonds und Versicherern, die für mehr als zwei Billionen Dollar stehen, verspricht, ihre Portfolios bis 2050 auf Klimaneutralität umzustellen. Einige Stahl-, Zement- und Schifffahrtsunternehmen kündigten Pläne für Klimaneutralität an. 100 Banken, die für 35 Billionen Dollar stehen, haben sich Klimaziele gesetzt.

Die Liste der Ankündigungen und Versprechen ist sehr lang. Konkrete Pläne, wie alle diese wunderbaren Massnahmen umgesetzt werden sollen, fehlen allerdings fast komplett. Trotzdem zeigte sich Guterres zufrieden: „Heute in dieser Halle hat die Welt klare Handlungen und konkrete Initiativen gesehen.“ Ob er wirklich an der gleichen Konferenz war wie die deutschen Klimareporter und die Protokollanten der Vereinten Nationen, die kaum von «klaren Handlungen» und «konkrete Initiativen» berichten konnten, ist fraglich. Immerhin, so Guterres, seien für eine klimaneutrale Welt 2050 weitere Schritte nötig. (CR)