Die Schweiz tut nicht gerade viel, um die Produktion von Strom aus Sonnen- und Windenergie zu steigern. Nur fünf der 27 EU-Ländern stehen im Vergleich noch schlechter da als die Schweiz, obwohl allein mit dem Ausbau der Fotovoltaik mehr Strom produziert werden könnte als die Schweiz heute insgesamt verbraucht.

Das belegt eine kürzlich veröffentlichte Studie der Schweizerischen Energiestiftung (SES), welche Martin Läubli in den Tamedia-Zeitungen zusammenfasst.

Eigentlich wären die Voraussetzungen für die Schweiz, ihren gesamten Strombedarf mit erneuerbaren Energien zu decken, längst gegeben: 2018 belief sich der Strombedarf laut der SES-Studie auf 57 Terawattstunden; davon wurden rund 57 Prozent, also 33 Terawattstunden, durch Wasserkraftwerke, weitere 35 Prozent, also rund 20 Terawattstunden durch AKW-Strom gedeckt. Die erneuerbaren Energien Wind und Sonne steuern gerade mal mickrige 4.2 Prozent, also etwa 2,3 Terawattstunden zum gesamten Strombedarf bei. Aber – und das ist überraschend: Das Potential allein von Fotovoltaikanlagen auf Hausdächern und an Fassaden beläuft sich laut Studie auf 67 Terawattstunden, also mehr als die Schweiz derzeit benötigt.

Inzwischen, schreibt Läubli, «ist unbestritten, dass Solar- und Windstrom grundsätzlich das Potenzial hätten, um die Kernkraft zu ersetzen. (…) Die Fotovoltaik und die Schweizer Wasserkraft würden sich im Winter perfekt ergänzen», zitiert er Urs Muntwyler von der Berner Fachhochschule Technik und Informatik, Elektrotechnik + Informationstechnologie.

Fast alle EU-Länder stehen besser da als die Schweiz

Aber: Nur fünf EU-Staaten sind schlechter als die Schweiz. Das ist nicht neu: In diesem Ländervergleich, den die SES seit zehn Jahren publiziert, rangierte die Schweiz immer auf den hinteren Plätzen. Selbst in sonnenärmeren Ländern wie die Niederlande oder Belgien produzieren Solar- und Windanlagen mehr Strom als Schweiz.  

Natürlich beziehen sich die Zahlen der Studie, wie Läubli schreibt, auf die Pro-Kopf-Produktion, den prozentualen Anteil an der Gesamtstromproduktion sowie auf die Entwicklung in den letzten Jahren. Das klägliche Resultat: Der Anteil der Fotovoltaik am gesamten Stromverbrauch beträgt heute in der Schweiz etwa 4 Prozent, jener der Windkraft liegt bei 0,3 Prozent. Zum Vergleich: In Österreich, einem Land mit ähnlichen topografischen Verhältnisse vorweist, werden gut 11 Prozent der Stromnachfrage mittlerweile durch Windkraft gedeckt. Die Fotovoltaik allerdings hinkt ähnlich hinterher wie die Schweiz.

Hoffen auf das neue Energiegesetz

Einen Kick geben könnte das neue Energiegesetzes, das der Bundesrat vor bald zwei Monaten in die Vernehmlassung geschickt hat. Das Gesetz ist ähnlich entscheidend wie das CO2-Gesetz, weil die Fördermassnahmen für den Ausbau der erneuerbaren Energien laufen Ende 2022 resp. Ende 2030 auslaufen. 

«Wenn wir bis 2050 Netto-Null-Treibhausgasemissionen erreichen wollen, müssen wir den Ausbau massiv beschleunigen», zitiert der Tages-Anzeiger Felix Nipkow von der Energiestiftung. Bis 2035 sollen vor allem Sonnenkraft und Windenergie 35 – 45 Terawattstunden Strom liefern. Das wäre dann, so Nipkow, etwa die Hälfte des Strombedarfs an erneuerbarer Energie, der gemäss Modellen notwendig wäre, um aus der Kernenergie und dem fossilen Zeitalter auszusteigen. (CR)