Die Schweizer Autoimporteure, so geht das Märchen, wollen dafür sorgen, dass bis Ende 2020 jeder zehnte verkaufte Neuwagen in der Schweiz ein E-Mobil ist, ein rein elektrisch betriebenes Fahrzeug oder ein Plug-in-Hybrid. Das jedenfalls behauptet Andreas Burgener, der Direktor des Branchenverbandes Auto-Schweiz, bei jeder Gelegenheit. Die Fakten sehen anders aus.

Dass jemand sich gute Vorsätze vornimmt, ist nicht verboten, und dass man dabei ein bisschen übertreibt und blufft, ist erlaubt, das gehört zum Geschäft. Zwar rätselte man schon seit längerem, wie die Autoimporteure es schaffen wollen, den Verkauf von E-Mobilen innerhalb eines einzigen Jahres von 3 auf 10 Prozent respektive von 9’000 auf 30’000 Stück hochzupeitschen, wo man doch weiss, dass fast die Hälfte der Autokäufer überzeugt sind, ohne einen SUV oder 4×4-Geländewagen nicht mehr leben zu können.

Allerdings, was das Instiuts für Wirtschaft und Ökologie an der Universität St. Gallen, also keine Brutstätte für angehende Revolutionäre, in einer Studie herausgefunden hat und von den Tamedia-Zeitungen und dem Online-Magazin Watson öffentlich gemacht wurde, zeigt, dass nicht bloss die Autokäufer wenig Eigenverantwortung zeigen, sondern auch das Autogewerbe. Die Studie belegt nämlich, dass nur 5,3 Prozent der Autokäufer von ihrem Autohändler ein Angebot für ein E-Mobil erhalten haben.  

Die Gründe sind relativ einfach zu verstehen. Weil immer mehr Autobauer E-Mobile anbieten – nicht aus freien Stücken, sondern weil «die Politik» sie dazu zwingt -, wächst die Konkurrenz auf dem Markt und sinken deshalb die Margen für die Autoverkäufer.  Bei teuren SUV und Geländewagen sind die Margen am grössten. Dazu kommt, dass die E-Mobile weniger gewartet werden müssen, unter anderem, weil viele Verschleissteile wie Auspuff oder Kupplung wegfallen, Fachleute, so der Tages-Anzeiger, rechnen mit Einkommensverlusten von 30 und mehr Prozenten für die Garagisten. Dass sie Autokäufern keine E-Mobile anbieten, leuchtet deshalb ein, aber dann sollen sie auch dazu stehen.

Dass die Auto-Branche das alles etwas anders interpretiert, ist nicht verwunderlich. Schon möglich, zitieren die Tamedia-Autoren Markus Aegerter vom Autogewerbeverband Schweiz (AGVS), dass einzelne Händler und Garagisten noch nicht auf dem neuesten Stand seien, was die Elektromobilität betreffe – er meint mit den einzelnen Händlern vermutlich die kleine Minderheit von 94,7 Prozent, welche die Studie ausweist -. aber «ich erlebe diese als meist recht offen gegenüber den neuen Techno­logien.» Auch sonst hat Aegerter eine ganze Reihe von Argumenten, die aber alle nur schlecht verbergen, dass es letztlich halt doch immer nur um Profite, Margen und hohe Rechnungen geht.

Trotzdem erstaunt diese Boykotthaltung der Autobranche – und anders als Boykott kann man es ja kaum nennen, wenn 9 von 10 Autoverkäufer nicht bereit sind, die notwendigen und beschlossenen CO2-Reduktionsziele zu unterstützen. Denn wenn ab 2020 der CO2-Grenzwert für Pkw von 130 auf 95 Gramm pro Kilometer gesenkt wird, müssen die Autoverkäufer zwangsläufig möglichst viele E-Mobile verkaufen, um im Gegenzug möglichst viele CO2-intensive Benziner und Dieselfahrzeuge verkaufen zu können, die hohe Margen bringen, Denn halten sie im Flottendurchschnitt diesen neuen Grenzwert nicht ein, werden kräftige Bussen fällig.

Ein bisschen tricksen, ein bisschen schummeln, wer könnte da etwas dagegen haben. Aber was die Autobranche sich leistet, dass Eine zu behaupten und das pure Gegenteil davon zu tun, ist schon ganz schön dreist.(CR)